Runder Tisch "Integration in Bondorf"

Runder Tisch „Integration in Bondorf"
Seit 2010 gibt es einen Runden Tisch „Integration in Bondorf“, bei dem sich Interessierte aus verschiedenen Bereichen (u.a. Vertreter der Gemeinde, Kirchen, Schule, Vereine, Bewohnerschaft) mit dem Thema Integration in Bondorf beschäftigen.

Die Ziele des Runden Tisch „Integration in Bondorf“ sind es, das Miteinander sowie das Verständnis der Kulturen untereinander zu stärken, Menschen mit Migrationshintergrund noch besser in das Gemeindeleben zu integrieren und geeignete Angebote zu schaffen.

Aus dem Runden Tisch sind bereits einige Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund in Bondorf entstanden: Sprachkurs „Deutsch als Fremdsprache", Formularhilfe, Internationales Café, Elternkurs TIP, gemeinsames Fastenbrechen Bondorfer Muslime und Nicht-Muslime, Artikelserie, jährliche Aktionswochen "Verschiedene Kulturen-gemeinsam (er)leben". Wenn Sie Fragen zum Runden Tisch "Integration in Bondorf" haben, dürfen Sie gerne Kontakt aufnehmen:

Jugendreferentin Tanja Möllenbeck
Nebringer Straße 22
71149 Bondorf
Tel. 0745/731318
E-Mail

Die Arbeit des Runden Tisch "Integration in Bondorf" wird unterstützt durch das Ministerium für Soziales und Integration aus den Mitteln des Landes Baden-Württemberg.

Sehen Sie hier die Beiträge des Fotowettbewerbes "Vielfalt in Bondorf"

Im Mehrzweckraum der Hindenburgstraße 90 wird eine kostenlose Formularhilfe für Menschen aller Nationalitäten angeboten.Wir bieten Ihnen Unterstützung beim · Verstehen und Ausfüllen von Formularen · Verstehen und Erledigen von Schriftverkehr z.B. Post von Schule, Ärzten oder Ämtern wie Jobcenter, Krankenkasse etc. Nach Absprache begleiten wir Sie auch bei Gesprächen.Wir freuen uns, wenn Sie unser Angebot annehmen! Wo: Mehrzweckraum Hindenburgstraße 90 Wann: Termine sind nach Absprache kurzfristig möglich.

Bitte wenden Sie sich an das Gemeinwesenreferat. Internationale Formularhilfe in verschiedenen Sprachen.

Aus dem Runden Tisch „Integration in Bondorf“ sowie dem Kontaktkreis BonChance hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, welche einen Ortsplan für Flüchtlinge gestaltet hat. Der Ortsplan soll Flüchtlingen in der Gemeinschaftsunterkunft sowie in Anschlussunterbringung in Bondorf helfen, sich in der ersten Zeit in Bondorf zu orientieren.

In Bondorf leben momentan 36 Personen in der Gemeinschaftsunterkunft sowie 20 Personen in Anschlussunterbringung. Die meisten Flüchtlinge, welche in der Gemeinschaftsunterkunft in den letzten 2 Jahren untergebracht waren, kamen aus folgenden Ländern: Nigeria, Gambia, Irak, Afghanistan, Syrien und Iran.

In dem Ortsplan sind Angebote und Gebäude, welche für neuankommende Flüchtlinge wichtig sein könnten, mit Piktogrammen dargestellt. Diese Piktogramme sind in einer Legende in fünf Sprachen übersetzt: Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch und Persisch.

Der Plan im Din A 3 Format wird im Bürgerbüro sowie in der Gemeinschaftsunterkunft verteilt und steht als Download zur Verfügung DOWNLOAD

Herzlichen Dank an alle ehrenamtlichen Helfer, die bei dem Erstellen des Ortsplanes beteiligt waren.

In dieser Artikelserie kommen sechs Menschen aus Bondorf zu Wort.

Die Idee zur Artikelserie entstand aus dem Arbeitskreis “Runder Tisch Integration in Bondorf“, welcher das gute Miteinander und den Dialog von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen in Bondorf unterstützen möchte. Die Artikelserie hatte, auch im Hinblick auf die aktuelle Flüchtlingsproblematik, zum Ziel, gelungene Integrationsprozesse bzw. Menschen auf dem Weg zur Integration und deren Schicksale sichtbar zu machen und das Verständnis füreinander zu fördern.
Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und Herkunft leben in unserer Gemeinde.

Aus verschiedenen Gründen ist Bondorf zu ihrer Heimat geworden. Einige von ihnen stammen aus fernen Ländern, andere aus dem europäischen Ausland. Immer wieder verlassen Menschen ihre Heimat, um in einem anderen Land Fuß zu fassen. Seit März 2014 leben einige Asylbewerber in der Flüchtlingsunterbringung Benzstraße in Bondorf. Zuwanderung beeinflusst die Bevölkerung Deutschlands seit vielen Jahrzehnten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Vertriebene und Flüchtlinge nach Deutschland.

Seit Beginn der Aussiedleraufnahme im Jahr 1950 sind fast 4,5 Millionen (Spät-)Aussiedler (d.h. deutsche Volkszugehörige aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion und anderen osteuropäischen Staaten) nach Deutschland zugewandert. Durch Anwerbeabkommen reisten seit den 1960er Jahren sogenannte „Gastarbeiter“ ein. Zu unterschiedlichen Zeiten kamen Asylsuchende aus Krisengebieten und Arbeitsmigranten aus Europa und anderen Teilen der Welt nach Deutschland.

Es leben immer mehr Menschen in Deutschland die in einer anderen Kultur aufwuchsen und einer anderen als der christlichen Religion angehören. „Menschen mit Migrationshintergrund" sind heute selbstverständlicher Teil der Gesellschaft. Viele Familien leben bereits in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland. Insgesamt nimmt die kulturelle, sprachliche und religiöse Vielfalt- auch in Bondorf- zu.

Im Verlauf der Artikelserie kamen drei Männer und zwei Frauen unterschiedlicher Herkunft, Religion und unterschiedlichen Alters zu Wort. Sie schilderten in kurzen Interviews die Erlebnisse, welche sie bei Ihrer Flucht bzw. Zuwanderung nach Deutschland gemacht haben. Zudem berichtete die Sozialbetreuung der Flüchtlingsunterbringung Bondorf über Ihre Arbeit.

Ermöglicht wurde die Artikelserie durch das Engagement eines ehrenamtlichen Teams.

Die zum Teil sehr zeitintensiven Interviews wurden jeweils zu zweit geführt, eines davon in englischer Sprache. Dabei wurden den Beteiligten tiefe Einblicke in die Lebensgeschichten der Interviewten gegeben. Auch im Team wurden durch die Interviews Denkprozesse angestoßen: das eigene Verhalten wurde reflektiert, und Erwartungshaltungen fremden Kulturen gegenüber wurden überdacht. Die intensiven Gespräche verdeutlichten, dass Integration ein wechselseitiger Prozess ist und in welch großem Maße die zugewanderten Menschen dabei auf die Unterstützung und die Akzeptanz der aufnehmenden Gesellschaft angewiesen sind. Der Erwerb der deutschen Sprache ist für eine gelungene Integration elementar wichtig.

Ein herzliches Dankeschön geht an alle beteiligten Interviewpartner, für ihre Offenheit und Gastfreundschaft sowie an das Team der Artikelserie für den Einsatz.

Interview 1
Fuad, 63 Jahre, aus Palästina

Woher kommen Sie gebürtig?
Ich bin in Palästina geboren.
Wann und warum haben Sie sich auf den Weg nach Deutschland gemacht?
Es war im Jahr 1972, ich wollte unbedingt studieren, doch meine Eltern konnten das Schulgeld für ein Studium nicht aufbringen. Wir sind sieben Geschwister. So kam nur ein Studium im Ausland in Frage, bei dem die Möglichkeit bestand, während des Studiums Geld zu verdienen. Die Wahl fiel auf Deutschland, hier lebte mein Onkel.
Können Sie die Reise beschreiben?
Ich hatte 80 D-Mark in der Tasche und einen Koffer, als ich in Heidelberg ankam.
Erinnern Sie sich an Erlebnisse aus der ersten Zeit?
Das erste Jahr war wirklich schwer. Ich vermisste meine Familie und Heimat sehr und konnte kein Wort Deutsch. Bei meinem Onkel konnte ich wohnen und am Goethe-Institut einen Deutschkurs besuchen. Während ich mich finanziell mit Aushilfsjobs über Wasser hielt, habe ich weiter Deutsch gebüffelt. Nach dem bestandenen Deutschtest an der Universität konnte ich ein Geologie-Studium beginnen. Leider musste ich das Studium aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Dann habe ich eine Ausbildung zum Medizinisch technischen Assistenten, Fachrichtung Radiologie, absolviert.
Was hat Ihnen geholfen sich in Bondorf zu Hause zu fühlen?
Meine Frau kommt aus Bondorf. Hier haben wir unseren Lebensmittelpunkt gefunden. Unsere Kinder, die Familie, Freunde, unsere Arbeit, unser Haus. Die deutsche Staatsbürgerschaft habe ich im Jahr 1987 angenommen.
Sind Sie mit der heutigen Situation zufrieden?
Ich bin zufrieden mit dem was ich erreicht habe, ohne etwas geschenkt bekommen zu haben. Meine Geschwister vermisse ich immer noch, aber wir haben Kontakt über Facebook. Ich wünsche mir, dass unsere Kinder glücklich werden und in Frieden leben können.

Interview 2
Paula *, 85 Jahre, aus dem ehemaligen Jugoslawien

Woher kommen Sie gebürtig?
Ich stamme aus der Region Batschka im ehemaligen Jugoslawien.
Wann und warum haben Sie sich auf den Weg nach Deutschland gemacht?

In der Endphase des zweiten Weltkrieges mussten wir die Region Batschka verlassen. Mein Vater war Soldat. Wir lebten mit meiner Mutter, Oma und Schwester zusammen. Im August 1944 kam der Ortsleiter und forderte uns auf die Stadt zu verlassen. Wir haben unser ganzes Gepäck auf einen Pferdewagen geladen und sind in Kolonnen losgefahren.
Können Sie die Reise beschreiben?
In Baja bei Ungarn überquerten wir die Donau mit der Fähre. Etwa 20 Pferdewagen waren vor uns. Per Zufall kam das Bataillon meines Vaters vorbei. Er überzeugte uns, den Wagen zurückzulassen, um schneller auf die Fähre zu kommen. Er selbst blieb bei seiner Truppe. Mit dem Zug und dem Gepäck kamen wir in Fünfkirchen, Ungarn, an. Das Essen wurde immer weniger. Wir übernachteten in abgestellten Wagen, um weiter nach Österreich zu kommen. Mit dem Zug fuhren wir von Mittenwald nach Oberammergau. In Oberammergau wurden wir etwa 3 Wochen in Baracken untergebracht. Danach kamen wir nach Gunzig, wo wir 2 Jahre lebten. Ich fing eine Ausbildung an. Später kamen wir in die Sammelunterkunft nach Unterjettingen.
Wie war die Ankunft und an welchem Ort in Deutschland sind Sie angekommen?
Wir sind im Jahr 1949 nach Bondorf gekommen. Mit drei weiteren Familien wurden wir vor dem Rathaus abgesetzt. Der damalige Bürgermeister wusste nicht, wo er uns unterbringen sollte. Wir mussten bis abends vor der Kirche warten, bis wir in das alte Schulhaus gebracht wurden. Für fünf Personen standen drei Feldbetten zur Verfügung. Einige Monate sind wir dort geblieben und ich habe eine Woche nach der Ankunft angefangen in Stuttgart zu arbeiten.
Erinnern Sie sich an Erlebnisse aus der ersten Zeit?
Später wurden wir Familien zugeteilt und bei ihnen untergebracht. Uns wurde eine Wohnung mit zwei Zimmern und einer Küche zur Verfügung gestellt. Ich bin jeden Morgen um 5 Uhr mit dem Zug nach Stuttgart zur Arbeit gefahren und abends um 20 Uhr war ich wieder in Bondorf. Die Nachbarn waren immer sehr nett und haben uns Kartoffeln und Milch gebracht.
Was hat Ihnen geholfen, sich in Bondorf zuhause zu fühlen?
Der Kontakt zu den Ortsansässigen hat uns sehr geholfen, uns hier wohl zu fühlen. Auch die eigene Familie, die eigenen Landsleute, die Arbeit, der Hausbau und die gute Nachbarschaft haben viel dazu beigetragen. Ich bin zufrieden und hoffe noch eine Weile gesund zu bleiben.

* Name wurde geändert

Flüchtlingstreck aus der Batschka im November 1944. Quelle: Michael Böhm „Unsere Heimatvertriebenen“ S.14

Interview 3
Josef, 94 Jahre, aus dem Sudetenland

Woher kommen Sie gebürtig?
Ich komme aus dem Sudentenland/Adlergebirge (heutiges Tschechien).
Wann und warum haben Sie sich auf den Weg nach Deutschland gemacht?

Während ich als Soldat in Gefangenschaft war, wurden meine Eltern und meine Frau samt kleinem Säugling im Juni 1945 in unserem Dorf frühmorgens vom tschechischen Militär aufgefordert, sich auf dem Dorfplatz einzufinden. Ihre Identität und Herkunft wurden festgestellt. Die Deutschen bekamen den Befehl, in Begleitung eines Soldaten nach Hause zu gehen. Sie sollten das Nötigste an Gepäck und Essen für 2 Tage einpacken und nach einer halben Stunde wieder erscheinen. Inzwischen plünderte das russische Militär bereits die Häuser und schlachtete oder entführte das Vieh. Wieder auf dem Dorfplatz zurück, gab es den Befehl, das Dorf zu verlassen. Es machten sich ungefähr 300 Menschen in militärischer Begleitung zu Fuß auf den Weg zur Grenze. Die Vertreibung hatte begonnen.
Können Sie die Reise beschreiben?
Auf dem Weg wuchs der Flüchtlingsstrom durch weitere Vertriebene aus anderen Dörfern an. Nach drei Tagen kam meine Familie in Mittelwalde (Schlesien) an. Dort wurden Lebensmittelkarten verteilt. Diejenigen, die nicht bei Verwandten in Schlesien bleiben wollten oder konnten, reisten weiter. Sie fuhren Teilstrecken mit dem Zug und dann mittels langer Fußmärsche nach Kohlfurt, um die Verbindung Cottbus–Berlin zu erreichen. Die Verpflegung war schlecht und bestand oft nur aus Kartoffeln und Karotten. Milch für die Kinder gab es nur gelegentlich. Geschwächt und dezimiert in Kohlfurt angekommen, musste der Plan geändert werden, da Cottbus mit dem Zug nicht mehr zu erreichen war. Meine Familie entschied sich nun doch, die Eltern meiner Frau in Österreich aufzusuchen. Beschwerliche Fußmärsche und lausige Unterkünfte standen bevor. Immer wieder gab es Kontrollen durch die Besatzer. Fehlende Passierscheine und der geschwächte Säugling verursachten Sorge und Angst. Mit viel Glück erreichte die Familie im November 1945 Österreich.
Ich kehrte im Januar 1946 aus der Gefangenschaft zurück. Doch bald merkten wir, dass ein Bleiben keine Zukunft hatte. Ich fand keine Arbeit, wir wurden gemieden. So fiel Anfang April die Entscheidung, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen. Ende April erreichten wir dann das Lager in Jettingen, wo wir Anfang Mai Bondorf zugeteilt wurden.
Was hat Ihnen geholfen, sich in Bondorf zuhause zu fühlen?
Die Anwesenheit der eigenen Familie, die gemeinsame Sprache und das gemeinsame Schicksal machte Vieles leichter. Ich fand gleich Arbeit als Helfer in der Landwirtschaft, dann Arbeit in einer Fabrik in Stuttgart. Ich engagierte mich, als für die vielen Neuankömmlinge 1950 Bauland zu Verfügung gestellt und die katholische Kirche gebaut werden sollte. Wir bauten unser eigenes Haus und fanden in der Uhlandsiedlung eine neue Heimat. Nach der Bodenreform machte ich mich stark für die Gründung der Kleingartenanlage und führte als Vorstand lange Zeit den Verein. Heute blicke ich zufrieden und dankbar zurück, was wir alles geschafft haben.

Interview 4
Esther A. * aus Nigeria

Woher kommen Sie gebürtig?
Meine Heimat ist Nigeria (Westafrika). Dort habe ich in einem kleinen Dorf mit traditionellen Lehmhütten gelebt.
Seit wann sind Sie in Deutschland?
Seit Anfang letzten Jahres lebe ich in Deutschland. Bevor ich nach Bondorf kam, habe ich drei Monate in Karlsruhe in der Landeserstaufnahmestelle verbracht. Mein ältestes Kind und ich haben ein Zimmer mit fünf weiteren Frauen und Kindern geteilt. Damals war ich schwanger. Im März 2014 bin ich als eine der ersten Personen in der Flüchtlingsunterbringung in Bondorf eingezogen.
Wenn Sie Afrika und Deutschland vergleichen: was fällt Ihnen auf?
Der größte Unterschied ist, dass es in Nigeria so vielen Menschen schlecht geht und sie leiden müssen. Es ist dort auch nicht sicher.
Die Bürokratie in Deutschland ist mir fremd. Ich würde gerne arbeiten, aber es ist sehr schwer, hier Arbeit zu finden. Meine Kinder sind noch klein und meine Sprachkenntnisse nicht ausreichend.
Wie sieht ihr Alltag in Bondorf aus?
Mein ältestes Kind geht hier in den Kindergarten. Ich kümmere mich um den Haushalt, gehe einkaufen und spiele mit meinem Baby. Mit den anderen Bewohnern der Unterkunft teile ich eine Küche. Manchmal sitzen wir draußen zusammen und die Kinder spielen miteinander. Freitags gehe ich in eine Krabbelgruppe. Sonntags besuche ich eine Kirche in Stuttgart, ich werde von Kirchenmitgliedern abgeholt und wieder nach Hause gebracht. Bisher habe ich aber wenig Kontakt zu Menschen außerhalb der Unterkunft, weil ich kaum Deutsch spreche.
Wo könnte man Sie unterstützen?
Ich bin dankbar, dass ich hier so viel Unterstützung erhalte. In Deutschland wird Menschen aus Nigeria gut geholfen. Die Betreuer helfen mir zum Beispiel bei dem Erledigen der Post. Wenn ich besser Deutsch sprechen könnte, wäre vieles einfacher. Meine Kinder und ich benötigen Unterstützung beim Deutsch lernen. Ich möchte zukünftig auch den Deutsch-Kurs besuchen. Sonst komme ich gut zurecht.
Haben Sie die Möglichkeit, Ihre Kultur hier zu leben?
Ich vermisse meine Familie und die nigerianische Kultur. Für meine Kinder koche ich nigerianisches Essen. Meine nigerianische Tracht trage ich sonntags, im Gottesdienst.
Was erhoffen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir eine sichere und friedliche Zukunft gemeinsam mit meinen Kindern in Deutschland. In Nigeria habe ich als Friseurin gearbeitet. Das würde ich hier auch gerne tun.

* Der Name wurde geändert

Interview 5
Suleyman G., 48 Jahre, aus der Türkei

Woher kommen Sie gebürtig?
Ich komme aus einem kleinen Dorf (ca. 1500 Einwohner) in Mittel-Anatolien, Türkei.
Wann und warum haben Sie sich auf den Weg nach Deutschland gemacht?
Meine Eltern und meine sechs Geschwister waren schon lange vor mir in Deutschland. Ich war bei meinen Großeltern in der Türkei geblieben und kam mit knapp 13 Jahren nach Deutschland. Meine Eltern arbeiteten beide in einer Gärtnerei, später erhielt mein Vater eine Anstellung bei Daimler. Mein Vater wollte immer in die Türkei zurück, aber meine Mutter und ein Bruder wollten in Deutschland bleiben.
Können Sie die Reise beschreiben?
Ich bin mit einem VW Bus nach Deutschland gekommen, mit meinen Eltern und Geschwistern. Die Reise hat drei Tage gedauert. Wir haben eigentlich nur unsere Kleidung mitgebracht, sonst nichts, es gab ja auch kaum Platz.
Wie war die Ankunft in Bondorf?
Nach meiner Ankunft im Jahr 1980 haben wir zehn Jahre lang in der Zehntscheuer gewohnt. Dort lebten damals einige türkische Familien. Es war schwer deutsche Freunde zu finden und Anschluss zu bekommen. Ich habe eher mit den türkischen Nachbarskindern gespielt. Und ich wollte Fußball spielen. Mein Vater war dagegen, dennoch habe ich von der B-Jugend bis zur 2. Mannschaft gespielt.
Erinnern Sie sich an Erlebnisse aus der ersten Zeit?
Die Wohnung war sehr eng, wir waren zu sechst in einem Zimmer. In der Schule musste ich die 9. Klasse wegen Sprachschwierigkeiten wiederholen. Eine engagierte Frau hat den türkischen Kindern geholfen Deutsch zu lernen. Zudem hatte ich einen guten Lehrer. Er war streng und diszipliniert, aber wir haben bei ihm viel gelernt! Nach der Schule habe ich eine Ausbildung zum Maler absolviert, aber es war schwer eine Stelle zu bekommen. Praktisch war ich gut, aber ich hatte noch Sprachschwierigkeiten. Ich musste mich nicht nur in Deutschland integrieren sondern auch in meine Familie, da ich ja viele Jahre bei meinen Großeltern gelebt hatte. Wir mussten uns alle aneinander gewöhnen.
Was hat Ihnen geholfen, sich in Bondorf zuhause zu fühlen?
Freunde, Familie und der Fußballverein. Später die Arbeit. Ich bin verheiratet, habe zwei Kinder und arbeite bei Daimler.
Haben Sie die Möglichkeit, Ihre Kultur hier zu leben?
Ja, meine Frau ist auch aus der Türkei und es wird bei uns zu Hause türkisch gekocht und gesprochen. Früher gab es in Bondorf einen Gebetsraum in der Zehntscheuer, das gibt es nicht mehr. Wir gehen seitdem in die Moschee nach Herrenberg.
Sind Sie mit Ihrer heutigen Situation zufrieden?
Als ich damals in Bondorf ankam, waren der Zusammenhalt und das Miteinander der türkischen Familien stärker vorhanden. Der Familien- und Freundeskreis war größer – dass wünsche ich mir wieder.
Ich vermisse die Sonne und die Esel. Hier sieht man keine Esel! Mein türkisches Dorf ist noch meine Heimat. Dennoch bin ich mit meiner Familie sehr glücklich. Ich habe fast alles geschafft, was ich mir vorgenommen habe: Eine Familie gegründet, ein Haus gekauft. Auch bin ich froh über die gute Nachbarschaft in Bondorf. Ich wünsche mir gesund in Rente zu gehen und ich möchte in Frieden leben- in Bondorf und in Europa allgemein.

Interview 6
Tatjana Sklokina, Sozialbetreuung Flüchtlingsunterbringung Bondorf

Seit wann sind Sie beruflich in Bondorf tätig?
Seit Dezember 2014 bin ich als Sozialbetreuerin in der Unterkunft in Bondorf tätig. Die Unterkunft in Bondorf gibt es seit einem Jahr. Wir haben Platz für ca. 40 Personen. In der Unterkunft wohnen kleine Familien (max. 3 Personen) oder Einzelpersonen. Zurzeit haben wir Flüchtlinge aus Afrika, Afghanistan, Kosovo und Serbien. Die Kinder in der Unterkunft sind noch im Kindergartenalter, es sind im Moment elf Kinder im Alter von einem Monat bis 6 Jahren. Die meisten Kinder im Alter von drei Jahren besuchen einen Kindergarten.
Welche Aufgaben umfasst Ihre Tätigkeit?
Als Sozialbetreuerin bin ich die erste Ansprechpartnerin in allen Lebenslagen und Problemstellungen für die Bewohner der Unterbringung. Meine Aufgaben umfassen die Aufnahme in der Unterkunft (Einführung in das Alltagsleben, Bedarfe abklären), die Organisation der Gesundheitsvorsorge (Hausarzt, Facharzt, Therapeuten), die Anmeldung der Kinder und Jugendlichen an Kindergarten und Schulen, die Anmeldung von Erwachsenen bei Sprachkursen. Zudem stelle ich Kontakte zu Ehrenamtlichen her und bin Ansprechpartnerin für Ärzte, Schule und Kindergarten. Alle weiteren Aufgaben entstehen in der Zusammenarbeit mit Familien. Der individuelle Bedarf wird einzelfallbezogen erarbeitet und dementsprechend ergeben sich immer wieder neue Aufgaben.
Welche Möglichkeiten gibt es, die Bewohner bei der Integration zu unterstützen?
Bei der Integration und bei der Einbindung der Flüchtlinge in der Gemeinde können die Unterstützung bei der Sprachförderung, Hausaufgabenbetreuung von Kindern, Begleitung von Familien zum Arzt, die Organisation von Freizeitaktivitäten (Besuch von Sportvereinen oder Veranstaltungen in der Gemeinde) und Spielangebote für Kinder helfen. Der Unterstützungsbedarf ergibt sich immer aus dem individuellen Bedarf der Familien. Zurzeit bildet sich ein Ehrenamtskreis in Bondorf, der die Flüchtlinge in Bondorf unterstützen und begleiten wird. Der konkrete Hilfebedarf der Flüchtlinge wird dann direkt mit Ehrenamtlichen dieses Ehrenamtskreises besprochen. Es bestehen bereits auch einige Vernetzungen: Mütter aus der Unterkunft besuchen eine Spielgruppe des Familienzentrums, Kinder das Turnangebot des SV Bondorf und ein paar junge Männer spielen Fußball. Es wurden auch viele Spendenangebote (Kleidung und Spielzeug) gemacht. An dieser Stelle einen herzlichen Dank für die Unterstützung der Bewohner in der Unterkunft.

Aktionswochen „Verschiedene Kulturen-gemeinsam (er)leben“
vom 15. bis 29. März 2019

Die 9. Aktionswochen „Verschiedene Kulturen-gemeinsam (er)leben“ erfreuten wieder viele Besucher mit einem abwechslungsreichen Programm. Wie jedes Jahr fand der beliebte Kochkurs Türkische Köstlichkeiten in der Schulküche der Grundschule statt. Zahlreiche Teilnehmer zauberten in netter Atmosphäre und dank perfekter Vorbereitungen türkische Leckereien, die zum Abschluss gemeinsam verkostet wurden.

Zu einer Reise durch Österreich lud der Kindergarten Reutiner Weg ein. Zunächst begaben sich alle Kinder mit ihren Erzieherinnen auf eine Bergwanderung, die nicht immer leicht war, denn sie mussten über eine schmale wackelige Brücke über das eisige Gletscherwasser balancieren. Auf dem Gipfel entdeckten sie Edelweiß und konnten österreichische Spezialitäten probieren, die sie unterwegs gefunden haben. Zum Thema „Ojo de Dios“ – das Auge Gottes – hat die Klasse 3a der Grundschule Bondorf eine einfache Fadenwickeltechnik aus dem Kulturkreis der Indianer Mittelamerikas kennengelernt.

Die Kinder hatten viel Freude die bunten Fadenquadrate herzustellen. Einige hatten so viel Spaß, dass sie zuhause weiter gewickelt haben. Bei der Mitmachaktion vor dem Rathaus nutzen zahlreiche Interessierte, Kindergartengruppen und Schulklassen die Gelegenheit, sich über den Runden Tisch „Integration in Bondorf“ zu informieren. Außerdem erfuhren sie an zwei Stationen einiges über „Die Reise der Schokolade“.

An der ersten Station hingen Bilder, die das Wachstum der Kakaobohnen und deren Ernte erklärten. Bei der zweiten Station versuchten die Kinder ein großes Bodenpuzzle zu legen. Beim richtigen Zusammensetzen zeigte das Bild den „Tropengürtel“ entlang des Äquators, in dessen Gebiet die besten Bedingungen für den Kakaoanbau herrschen. Zum Abschied durfte jedes Kind ein Stück Schokolade naschen. Beim Café Oriental, welches vom Kontaktkreises BonChance zusammen mit der Sozialbetreuung für geflüchteten Menschen stattgefunden hat, kamen zahlreiche Menschen aus Syrien, Irak, Indien, Kamerun und Deutschland zusammen.

Es gab syrische Köstlichkeiten, arabischer Mokka und Tee mit frischer Minze. Das Angebot eines einfachen Tanzes löste große Begeisterung aus und beim Spiel zeigten die Väter mit ihren Kindern großes Interesse. Ein süßer Duft drang aus der Schulküche, als 15 Kinder unterschiedlichen Alters beim „Schwäbisch backen“ Flachswickel herstellten.

Am Freitag zum Internationalen Frühstück im Kindergarten Alte Herrenbergerstraße war man froh, dass man noch ein Platz bekam. Denn die internationalen Köstlichkeiten sollten und wollten probiert werden. Mit dem Christlich-Muslimischen Dialog der Katholischen und Evangelischen Kirchengemeinde fanden die Aktionswochen einen sehr gelungenen Abschluss. Dr. Hanna Nouri Josua, Theologe und Islamwissenschaftler, blickte aus zwei Perspektiven auf die Christus Figur. Sein Vortrag trug zum Verständnis der jeweiligen Sichtweisen bei.

Mit insgesamt 19 Veranstaltungen an 9 Tagen zeigte sich, wie viele verschiedene Menschen und Kulturen friedlich in Bondorf leben. Das Programm konnte nur durch den Einsatz zahlreicher ehren- und hauptamtlicher Helfer verwirklicht werden. Ein herzliches Dankeschön geht an alle Kinder, Eltern und Erzieher in den Kindergärten, die Schüler, Eltern und Lehrer in den Schulen sowie alle weiteren Beteiligten, die mit ihrem Engagement zum Gelingen der Aktionswochen beigetragen haben.